Das frustrierende Ende der COP27

Ganze zwei Wochen lang diskutierten 34.000 VertreterInnen von rund 200 Ländern in Sharm-el-Sheik über Maßnahmen, um die Erderwärmung einzudämmen und Klimagerechtigkeit zwischen Verursacherstaaten und den ärmsten betroffenen Staaten herzustellen. Es war ein zähes, teils angespanntes Ringen. Die EU drohte zwischenzeitlich sogar mit dem Ausstieg aus den Verhandlungen. Am Ende wurde die Konferenz bis Sonntag Früh verlängert, um doch noch zu einem gemeinsamen Abschlusspapier zu kommen.

 

Bei der Eröffnung der 27. UN-Klimakonferenz warnte Antonio Guterrés mit eindringlichen Worten: „Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und sind dabei zu verlieren“ angesichts der durch die Klimakrise ausgelösten Dürren, Überschwemmungen, Unwetter und steigendem Meeresspiegel. Guterrés weiter:  „Wir sind auf einem Highway zu Klimahölle!“

 

Was hat die COP27 gebracht?

Die wichtigste Errungenschaft ist die Errichtung eines Fonds für Ausgleichszahlungen an die ärmsten weltweit von Klimaschäden betroffenen Ländern durch die Verursacherstaaten. Dafür mussten diese 30 Jahre kämpfen, da die Industriestaaten das Verursacherprinzip bis dato ablehnten. Die USA leistete beim Klimagipfel anfangs großen Widerstand. Die EU setzte sich mit dieser Forderung durch und pochte darauf, dass nur die ärmsten betroffenen Entwicklungsländer (Anzahl: 58) aus diesen Mitteln schöpfen dürfen. Allerdings soll die genaue Abwicklung dieser Zahlungen erst beim nächsten Gipfel 2023 in Dubai festgelegt werden. Weiters ist strittig, ob nur Industriestaaten oder auch Schwellenländer wie China – der weltweit größte Emissionsverursacher – auch in den Fonds einzahlen müssen.

 

UN-Generalsekretär Antonio Guterrés dazu: „Ich begrüße die Entscheidung, einen Fonds für Verluste und Schäden einzurichten und ihn in nächster Zeit in Betrieb zu nehmen. Dies wird natürlich nicht ausreichen, aber es ist ein dringend benötigtes politisches Signal, um das zerstörte Vertrauen wiederherzustellen.“

 

Begrenzung auf 1,5 Grad Erderwärmung

Bezüglich der Eindämmung der Erderwärmung werden zwar im Abschlusspapier die Staaten dazu aufgefordert freiwillig ihre Klimaaktionspläne nachzuschärfen, harte Maßnahmen wurden nicht festgehalten. So konnte sich die Staatengemeinschaft nicht auf einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern in ihrem Abschlusspapier einigen, was für die Erreichung des 1,5 Grad-Zieles so wichtig gewesen wäre. Im Gegenteil: Laut Recherche der Initiative „Leave it in the ground“ soll die Fördermenge fossiler Brennstoffe beinahe verdoppelt werden!

 

Vor allem ölfördernde Länder wie Saudi-Arabien, aber auch China blockierten hier weitergehende Formulierungen. Dies hat zu viel Frust und Enttäuschung bei europäischen PolitikerInnen, AktivistInnen und UmweltschützerInnen geführt.

 

Kritik an den Ergebnissen

So wird der Klimaexperte der Entwicklungsorganisation Oxfam, Jan Kowalzig im Tagesspiegel zitiert: Der beschlossene Fonds sei ein „Meilenstein“, die Beschlüsse zum Klimaschutz hingegen seien „deprimierend“. Darüber hinaus kritisiert er den fehlenden Fokus auf den Ausbau der erneuerbaren Energien.

 

Der Deutschlandfunk schreibt zum Pariser 1,5 Grad Ziel: „Wissenschaftler halten das Erreichen des 1,5-Ziels mittlerweile für unrealistisch. Fast alle Szenarien über wahrscheinliche Emissionen in den nächsten zehn Jahren und Jahrzehnten je nach Wirtschaftsentwicklung und intensivem Klimaschutz rechnen damit, dass die 1,5 Grad zumindest überschritten werden – womöglich schon bald.“

 

Die Sueddeutsche zitiert Klimaforscher Mojib Latif, der diese Meinung teilt: „Die 1,5-Grad-Marke werden wir auf jeden Fall reißen“. Im Moment sei die Welt auf einem Kurs von 2,5 Grad Celsius Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. „Ich würde sogar eher sagen: drei Grad“ so der Kieler Wissenschafter.

 

UN-Generalsekretär Antonio Guterrés äußerte sich am 19. November in einem Statement sehr kritisch zum wenig ehrgeizigen Endergebnis der Konferenz, das nach Meinung vieler Experten nicht über das Glasgow-Ergebnis hinausgeht: „Unser Planet befindet sich immer noch in der Notaufnahme. Wir müssen die Emissionen jetzt drastisch reduzieren – und das ist ein Thema, das auf dieser COP nicht angesprochen wurde. Ein Fonds für Verluste und Schäden ist wichtig – aber er ist keine Lösung, wenn die Klimakrise einen kleinen Inselstaat von der Landkarte spült oder ein ganzes afrikanisches Land in eine Wüste verwandelt.(…)Wenn wir überhaupt die Chance haben wollen, den Wert von 1,5 zu erreichen, müssen wir massiv in erneuerbare Energien investieren und unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden. „

 

Der Klimagipfel wurde von weltweiten Demonstrationen und Aktionen begleitet, die eine ehrgeizigere Zielsetzung von den Teilnehmerstaaten forderten. Die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer ist überzeugt, dass der Druck der Demonstranten den Durchbruch bei den Ausgleichszahlungen für Klimaschäden erst ermöglicht hat. „Deshalb geht von diesem Gipfel auch die Nachricht aus: Aktivismus wirkt.“ Die Einigung auf die Hilfen „bestärkt uns alle hier in der Überzeugung, dass wir einen Unterschied machen können. Und alles andere in der Erklärung bestärkt uns auch darin, dass wir einen Unterschied machen müssen.“ (dpa)

Greta Thunberg Tweet

Unser pro.earth.fazit:

Wir verstehen, dass es ein schwieriger Prozess ist, eine Einigung von 200 Ländern herbeizuführen. allerdings scheinen viele Länder immer noch nicht zu erkennen, dass wir metaphorisch mit Vollgas auf eine Mauer zu fahren. Blind. Alle wissenschaftlichen Berechnungen ignorierend. Und auch all die Menschen, die heute bereits aufgrund von Dürren verhungern, aufgrund von Überschwemmungen alles verloren haben.