Die Textilindustrie und das Greenwashing

Die Textilindustrie zählt zu den großen Umweltverschmutzern und Klimasündern auf diesem Planeten. Zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen und zwanzig Prozent der globalen Wasserverschmutzung gehen auf ihr Konto. Die Branche gerät mit dem steigenden Nachhaltigkeitsbewusstsein der Konsument*innen zunehmend unter Zugzwang. Allerdings: Eine Modeindustrie, die aktuell pro Jahr etwa 100 Milliarden Kleidungsstücke produziert, wird nicht nachhaltig, indem sie auf Bio-Baumwolle und recyceltes Polyester umstellt. Dennoch versuchen viele Labels mit „klimaneutral” oder „responsible” sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen. Man bräuchte fast einen Doktortitel als Konsument*in, um Greenwashing von wahren Nachhaltigkeitsstrategien zu unterscheiden.

 

Die Textilindustrie verursacht jährlich 1,2 Milliarden Tonnen CO₂. Die großen Problemkreise sind Treibhausgasemissionen, verunreinigtes Abwasser, Textilmüll und Luftverschmutzung, die während der unterschiedlichen Produktionsschritte entstehen. Nicht zu vergessen die schlechten Arbeitsbedingungen und weitere soziale Aspekte.

 

„Die Textilbranche produziert jedes Jahr mehr als 100 Milliarden Kleidungsstücke – doppelt so viele wie vor zwei Jahrzehnten. Gleichzeitig hat sich der Zeitraum, in dem Kleidungsstücke im Schnitt getragen werden, halbiert. Massenhersteller überschwemmen den Markt mit billiger Kleidung.

 

Ein Großteil wird aus Polyester (PET) gefertigt – dem billigsten und populärsten Garn der Welt. Umweltschützer schätzen, dass jedes Jahr bis zu zwölf Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren landen.“ schreibt brand eins.

 

„Die Modeindustrie ist nach der Erdölindustrie vermutlich der zweitgrößte Umweltverschmutzer der Welt. Aber alle behaupten, nachhaltig zu agieren“, meint Eric Liedtke, ehemaliges Adidas-Vorstandsmitglied, der ein eigenes Modelabel Unless gegründet hat, mit dem Ziel, 100% kompostierbare Mode zu produzieren.

 

„Fast-Fashion-Unternehmen betreiben grundsätzlich Greenwashing, wenn sie einen auf nachhaltig machen“, erklärt die Konsum- und Greenwashing-Expertin Nunu Kaller. „Eine Industrie, die damit arbeitet, dass sich Kreisläufe möglichst schnell drehen und möglichst viele Produkte in kurzer Zeit auf den Markt zu bringen, kann niemals nachhaltig sein, auch wenn sich Unternehmen diesen Begriff an die Fersen heften.“

 

Der Recycling-Schmäh

 

Viele Unternehmen werben damit, recycelte Materialien zu verwenden. Allerdings rette das unseren Planeten nicht, hinsichtlich wiederverwendeten Polyesters sei sogar das Gegenteil der Fall, so die Expertin. „Recyceltes Polyester ist zwar nicht neu, aber die Gefahr geht dann in weiterer Folge eher von dem Mikroplastik aus, das durch das Waschen weiterhin unser Wasser verunreinigt.“ Grundsätzlich hält Kaller die Aussage „Recycelbar“ für eine Irreführung der Konsument*innen.

 

Dies sieht Liedtke ähnlich, wenn er meint: „PET ist ein ewiges Material, das nie ganz verschwindet. Irgendwann zersetzt es sich zu Mikroplastik und gelangt über Boden, Luft und Gewässer in unsere Nahrungskette, den Blutkreislauf und letztlich unsere Lungen. Mikroplastik entwickelt sich zu einer allgegenwärtigen Tötungsmaschine. Ich könnte mir daher gut vorstellen, dass es künftig nicht mehr erlaubt sein wird, Recycling-Plastik als nachhaltig zu bezeichnen.“

 

Es gibt Plattformen, die sich mit dem Thema Greenwashing explizit auseinandersetzen und dazu aufklären. Die klimareporter.in und Inspektorin Grün zählen dazu.