Fit-for-55: EU-Parlament beschließt weitreichende Klimaschutzgesetze

Das europäische Parlament stimmte heute in Straßburg über mehrere Klimaschutzgesetze ab und beschloss die Etablierung eines Sozialen Klimafonds,  die Reform des Emissionshandelssystems (EHS) und des CO2-Grenzausgleichs. Beides ist Teil des Fit-for-55-Pakets der EU, mit dem erklärten Ziel, die Emissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 % im Vergleich zu 1999 zu senken und die EU bis 2050 klimaneutral zu machen.

 

Der CO2-Emissionshandel

Im Jahr 2005 führte die EU den Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten ein, der allerdings von Anfang an gewisse Schwächen, wie zum Beispiel eine viel zu hohe Anzahl an am Markt vorhandenen Zertifikaten und damit einen zu geringen Preis für den CO2-Ausstoß hatte.

Die Reform sieht vor, den Emissionshandel zu verschärfen und auch den Gebäudesektor und den Schiffsverkehr auszuweiten. Bisher galt er nur für 40 Prozent der europäischen emissionen,  und zwar für die Stromerzeugung, energieintensive Industrie und seit 2012 auch für den europäischen Luftverkehr. Und zum anderen soll bis 2040 die Gesamtzahl der jährlich zu verteilenden CO2-Zertifikate schrittweise auf null reduziert werden.

Die heute beschlossene Änderung will erreichen, dass die Obergrenze der erlaubten Treibhausgasemissionen nun wesentlich schneller sinkt als bisher. Im Jahr 2030 soll diese Grenze 62% unter der des Jahres 2005 liegen, was dazu führt, dass der Preis für Co2 rascher ansteigt und klimaschädliches Wirtschaften teurer wird.

 

Die Aufgaben des Sozialen Klimafonds

„Der neue soziale Klimafonds wird den Mitgliedstaaten gezielte finanzielle Unterstützung bieten, um schutzbedürftige Bürger und Kleinstunternehmen bei Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen wie Hausisolierung, Wärmepumpen, Solarzellen und Elektromobilität zu unterstützen. Er wird auch in der Lage sein, direkte Einkommensunterstützung zu leisten, die bis zu 37,5 % der neuen nationalen sozialen Klimapläne abdeckt. Das Programm wird seine Arbeit 2026 aufnehmen, d. h. vor Inkrafttreten des neuen Emissionshandelssystems für Kraftstoffe im Verkehr und in Gebäuden, und wird mit 65 Mrd. EUR aus dem EU-Haushalt sowie mit 25 % Kofinanzierung durch die Mitgliedstaaten finanziert.“, schreibt die EU-Komission dazu.

 

Die durch den Emissionshandel steigenden Heizkosten und Benzinpreise sollen also durch den neu entstehenden Sozialen Klimafonds abgepuffert werden. Manche sehen ihn mit 86 Milliarden Euro unterfinanziert aufgrund des Widerstandes mancher Mitgliedsstaaten und hoffen, dass das Geld tatsächlich bei den bedürftigen Bürgern ankommen wird.

Darüber hinaus will der Soziale Klimafonds Anreize für klimafreundliche Investitionen im Gebäudesektor und Verkehr schaffen.

 

Was die Wirkung der Reform schwächt

Durch eine eingebaute Preisbremse sollen die Auswirkungen der steigenden CO2-Preise nebst Sozialfonds auf unsere Heizungs- und Tankrechnungen angefedert werden. Diese sind ein Problem für das Klima meint Claudia Kemfert, die die Abteilung für Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) leitet, in der „Zeit Online“. „Damit wird der Preis für CO₂-Emissionen zu niedrig gehalten. Wir schlagen im Gebäude- und Verkehrssektor einen Preis von 100 Euro pro Tonne ab sofort vor, der perspektivisch auf 180 Euro steigen soll.“ Es bedarf eines finanziellen Anreizes, um auf klimafreundliche Infrastruktur unzusteigen. Dies ist deutlich sichtbar seit des massiven Anstiegs der Heiz- und Stromkosten.

 

Der Markt alleine kann die Klimaziele nicht erreichen

„Wir brauchen zusätzliche staatliche Förderung dafür, das ist eine ordnungspolitische Frage. Wer sich allein auf den CO₂-Preis verlässt, wird die Klimaziele verfehlen.“ meint  Kemfert und auch andere Klimawissenschafter*innen und Umweltökonomen stimmen dem zu.

„Wenn Leute vorangehen, zum Beispiel, indem sie sich eine Solaranlage aufs Dach montieren lassen, dann strahlt das auf andere aus. Es gibt einen Nachahmereffekt“, sagt die Klimawisschafterin Brigitte Knopf. „Und wenn immer mehr Leute sich mit dem Thema beschäftigen und bereit sind, zu investieren, dann hat das Auswirkungen auf die Politik. Sie ist dann bereit, strengere Regeln zu erlassen. Oder den CO₂-Preis stärker zu erhöhen.“