Mit einem weltweiten Abkommen gegen die Plastikflut

In zwei Tagen beginnen in Paris die weiteren Verhandlungen über ein globales Plastikabkommen. Mit rund 1.500 Delegierten hat die zweite Verhandlungsrunde ein ähnlich großes Ausmaß wie die Klimakonferenzen (COP). Wie wichtig das Thema ist, zeigt sich auch daran, dass Frankreichs Präsident bereits davor Umweltminister*innen und NGOs zu einem Dialog zum Thema einlädt und auch der Weltumwelttag am 5.Juni diesem gewidmet ist. Der ungeheure Plastikverbrauch mit all seinen negativen Auswirkungen ist eines der großen Themen unserer Zeit – man nennt es auch das Plastikzeitalter. Die weltweite Plastikflut nimmt stetig zu, Mikroplastik ist bereits überall nachweisbar – auch im menschlichen Körper. Mit den Umweltschäden werden noch viele Generationen zu kämpfen haben. Daher wäre ein globales Plastikabkommen zur Reduktion und schrittweisen Produktionsbeendigung richtungsweisend für unseren Planeten.

 

Die umweltschädlichen Auswirkungen

„Die Art und Weise, wie wir Kunststoffe produzieren, verwenden und entsorgen, verschmutzt Ökosysteme, gefährdet die menschliche Gesundheit und destabilisiert das Klima“,

Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UN-Umweltprogramms (UNEP)

 

Ein neuer Bericht von Greenpeace USA zeigt die Belastung von neuem und recyceltem Plastik auf. Trotz der Auswirkungen auf unsere Ozeane, Flüsse und die betroffenen Menschen hat die weltweite Kunststoffproduktion seit den 1950er Jahren stetig zugenommen. Die Kunststoffindustrie möchte die Produktion bis 2040 noch einmal verdoppeln. Nach Angaben des UN-Umweltprogramms (UNEP) enthalten Kunststoffe mehr als 13.000 Chemikalien, von denen mehr als 3.200 als gesundheitsgefährdend bekannt sind. Recycelte Kunststoffe enthalten oft sogar noch höhere Mengen an Chemikalien, darunter giftige Flammschutzmittel, krebserregende Stoffe, Umweltschadstoffe sowie zahlreiche Umwelthormone, die den natürlichen Hormonspiegel des Körpers verändern können.

 

 

Massive Reduktion möglich

Laut einem neuen UNEP-Bericht könnte die Plastikverschmutzung bis 2040 um 80 Prozent reduziert werden, wenn Länder und Unternehmen tiefgreifende politische und marktwirtschaftliche Veränderungen vornehmen und dabei bestehende Technologien nutzen. Der Bericht wird im Vorfeld der zweiten Verhandlungsrunde in Paris über ein globales Abkommen zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung veröffentlicht und skizziert das Ausmaß und die Art der Veränderungen, die erforderlich sind, um die Plastikverschmutzung zu beenden und eine Kreislaufwirtschaft zu schaffen.

 

„Dieser UNEP-Bericht enthält einen Fahrplan zur drastischen Verringerung dieser Risiken durch die Einführung eines Kreislaufkonzepts, das Kunststoffe aus den Ökosystemen, aus unserem Körper und aus der Wirtschaft heraushält. Wenn wir diesem Fahrplan folgen, auch bei den Verhandlungen über das Abkommen zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung, können wir große wirtschaftliche, soziale und ökologische Erfolge erzielen.“

 

Für die Umstellung des Marktes auf Kreislaufwirtschaft sind Marktveränderungen erforderlich

Um die Kunststoffverschmutzung bis 2040 weltweit um 80 Prozent zu reduzieren, schlägt der Bericht vor, zunächst problematische und unnötige Kunststoffe zu eliminieren, um das Problem zu verringern. Anschließend fordert der Bericht drei Marktveränderungen – Wiederverwendung, Recycling sowie Neuausrichtung und Diversifizierung von Produkten:

Wiederverwendung: Durch die Förderung von Wiederverwendungsoptionen wie wiederbefüllbaren Flaschen, Großpackungen, Pfand- und Rücknahmesystemen usw. können bis 2040 30 Prozent der Kunststoffverschmutzung reduziert werden. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen die Regierungen dazu beitragen, dass sich Mehrwegprodukte stärker durchsetzen.

Recyceln: Die Kunststoffverschmutzung kann bis 2040 um weitere 20 Prozent reduziert werden, wenn das Recycling zu einem stabileren und rentableren Unternehmen wird. Die Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe, die Durchsetzung von Designrichtlinien zur Verbesserung der Recyclingfähigkeit und andere Maßnahmen würden den Anteil der wirtschaftlich recycelbaren Kunststoffe von 21 auf 50 Prozent erhöhen.

Neuausrichtung und Diversifizierung: Der vorsichtige Ersatz von Produkten wie Plastikverpackungen, Beuteln und Artikeln zum Mitnehmen durch Produkte aus alternativen Materialien (z. B. Papier oder kompostierbare Materialien) kann die Kunststoffverschmutzung um weitere 17 Prozent verringern.

 

Was NGOs fordern

Besonders das Recyclen von Kunststoffen sieht Greenpeace kritisch und fordert  unter anderem, dass die Staaten im Plastikabkommen verbindliche globale Reduktionsziele und eine Ende der Produktion von neuem Plastik bis 2040 verankern sowie besonders problematische und unnötige Plastikarten umgehend verbieten.

“Die Welt muss jetzt damit anfangen, den Plastikhahn zuzudrehen. Plastik wird zu 99 Prozent aus Öl und Gas hergestellt und ist umweltbelastend und schädlich. Die Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter müssen die gefährlichen Auswirkungen der Plastikverschmutzung auf Umwelt und Menschen ernst nehmen und einen radikalen Kurswechsel beschließen. Mini-Schritte oder freiwillige Maßnahmen sind angesichts des Ausmaßes vollkommen unzureichend”, fordert Lisa Panhuber, Kreislaufwirtschaftsexpertin bei Greenpeace in Österreich, die als Beobachterin der Verhandlungen in Paris vor Ort ist.

 

Worst und Best Case

„Der Super-GAU wäre, wenn man sich darauf einigt, dass die Plastikverschmutzung ein weltweites Problem ist, gegen das die einzelnen Länder etwas unternehmen sollen“, sagt die Expertin. Was wäre das Best Case Szenario? „Das würde besonders gefährliche Kunststoffe verbieten und für die anderen verbindliche, jährlich steigende Quoten für Reduktion und Recycling einführen. Dafür bräuchte man Transparenz, um einen Naming und Shaming Effekt zu erzielen, aber auch Sanktionen für Länder, die sich nicht daran halten.“

Auch WWF setzt sich seit langem intensiv für ein Plastikabkommen ein: „Wir können nicht zulassen, dass Blockierer unsere Zukunft bestimmen. Wir fordern die Regierungen auf, dafür zu sorgen, dass die Dringlichkeit der Lösung der Plastikkrise bei allen Entscheidungen im Vordergrund steht“, fordert Alois Vedder, Senior Policy Advisor beim WWF Deutschland. „Bis 2025 brauchen wir ein wirksames Abkommen, das der Plastikverschmutzung ein Ende setzt.“